Börsengehandelte Indexfonds, die sogenannten ETFs, gelten im europäischen Fondsmarkt als eines der am schnellsten wachsenden Marktsegmente. Die Beliebtheit der Produkte lässt sich dabei sowohl am Anstieg der verwalteten Vermögen (Anstieg von 17,38 Milliarden Euro Ende 2003 auf 480,10 Milliarden Euro Ende September 2016), wie auch an den Mittelzuflüssen ablesen.
Selbst während der Marktturbulenzen während der Finanzkrise (2008) und der Eurokrise (2011) konnten ETFs Mittelzuflüsse ( 52,98 Milliarden Euro 2008 und 16,73 Milliarden Euro 2011), während ‚normale‘ Investmentfonds hohe Mittelabflüsse verzeichneten.
Doch trotz dieser positiven Zahlen, gibt es immer wieder Gerüchte, das viele ETF-Anbieter in Europa nicht profitabel sind und ihre Muttergesellschaften über einen Verkauf nachdenken. Eines der konkreten Beispiele ist Source ETF, die von ihrer Muttergesellschaft Warburg Pincus offiziell zum Kauf angeboten werden.
Ebenso wird am Markt diskutiert ob die Deutsche Bank die Deutsche Asset Managment und damit auch db x-trackers verkauft und welche Folgen eine mögliche Ausgliederung der Commerzbanktochter Comstage haben könnte.
Das an der fehlenden Profitabilität vieler ETF-Anbieter etwas dran sein könnte zeigt die hohe Konzentration der verwalteten Vermögen in diesem Segment. So verwaltete Ende September 2016 iShares mit 234,46 Milliarden Euro rund 48,84% der insgesamt in ETFs angelegten Gelder. Die beiden nachfolgenden Gesellschaften db x-trackers (53,57 Milliarden Euro) und Lyxor ETF (46,59 Milliarden Euro) kamen auf 11,16% beziehungsweise 9,70% Marktanteil an den verwalteten Vermögen. Insgesamt verwalten nur 19 der 48 in Europa tätigen ETF-Anbieter über eine Milliarde Euro, wodurch sich tatsächlich die Frage stellt, ob diese Anbieter profitabel sind.
Allerdings scheint der europäische ETF-Markt trotz der hohen Konzentration ein sehr interessanter Markt zu sein. Zum einen haben einige der bereits in Europa aktiven Anbieter ihre Aktivitäten zur Steigerung des Bekanntheitsgrades der Unternehmen deutlich gesteigert. Hierzu wurden neben entsprechenden Marketing und Produktkampagnen auch neues Personal eingestellt, um so den Vertrieb zu forcieren.
Zum Anderen gibt es immer wieder Gerüchte das verschiedene internationale Anbieter, sowohl aus dem Bereich der aktiv gemanagten Fonds, wie auch aus der ETF-Branche, darauf warten das sich für sie eine Chance zum Einstieg in den europäischen Markt ergibt. Hierzu würde sich die Übernahme eines bestehenden Anbieters perfekt eignen. Schließlich haben diese schon eine vorhandene Infrastruktur hinsichtlich des Managements, sowie des Handels und dem Vertrieb ihrer Produkte, die ein möglicher Käufer dann für seine Zwecke nutzen könnte.
Alles in allem betrachtet könnte der europäische ETF-Markt tatsächlich vor einem Umbruch stehen. Dieser wird meiner Ansicht nach zwar nicht zu der häufig diskutierten Konsolidierung führen, könnte aber trotzdem weitreichende Auswirkungen haben. Sollte zum Beispiel einer der großen Anbieter von aktiv gemangten Fonds einen ETF-Anbieter übernehmen und dann neben dessen ETFs beginnen auch seine aktiv gemanagten Produkte als ETFs anzubieten und sich so einen neuen Vertriebskanal zu erschließen, könnte dies in Abhängigkeit von dem Erfolg zu einer echten Revolution im Fondsvertrieb in Europa führen.
Detlef Glow ist Leiter der EMEA Research Abteilung bei Thomson Reuters Lipper